Die Macht der Bil­der2019-02-12T12:40:10+02:00

MO­DUL 6: Bil­der und Ihre Wir­kung

1. Case      2. In­sight     3. Deep Lec­tu­re

Die Macht der Bil­der

Bil­der sind macht­vol­le In­stru­men­te in der So­ci­al-Me­dia-Kom­mu­ni­ka­ti­on – das wis­sen auch Green­peace, ImmobilienScout24 und Da­nie­la Kat­zen­ber­ger. Was wir von ih­nen über er­staun­li­che In­ter­ak­ti­ons­ra­ten und Im­pact ler­nen kön­nen.

von Su­san­na Heusch­kel, Jo­han­na Lan­ge, Ste­phan Früh­wirt und So­phia Pan­tev

Mind­bombs mit er­heb­li­cher Spreng­kraft

Sie sind die Ret­ter un­se­res glo­ba­len Öko­sys­tems.

Sie wer­fen sich rus­si­schen Wal­fän­gern ent­ge­gen, die mit rie­si­gen Har­pu­nen auf ihr Schlauch­boot schie­ßen, en­tern eine Bohr­in­sel, die im Meer ver­senkt wer­den soll, und er­klä­ren uns, was der Kon­sum ei­nes Kit­Kat-Pau­sens­nacks mit dem Biss in ei­nen Orang-Utan-Fin­ger zu tun hat. Seit den 70er Jah­ren kämpft Green­peace so um un­se­re Auf­merk­sam­keit für den Um­welt­schutz. Ihre Waf­fen: dra­ma­ti­sche Bil­der, die uns ihre Bot­schaf­ten mit al­ler Deut­lich­keit vor Au­gen füh­ren.

Foto: Rex Weyler/​Greenpeace In­ter­na­tio­nal, Quel­le

Wer blu­ten­de Wale, öl­ver­schmier­te Was­ser­vö­gel oder ab­ge­holz­te Re­gen­wäl­der sieht, kann kaum ei­nen Zwei­fel dar­an ha­ben, wel­che ka­ta­stro­pha­len Aus­wir­kun­gen mensch­li­ches Han­deln hat, wenn es, ohne Rück­sicht auf das Öko­sys­tem, aus­schließ­lich wirt­schaft­li­chen oder macht­po­li­ti­schen In­ter­es­sen folgt.

Bild­aus­schnitt aus dem Film: How to Chan­ge the World. Jer­ry Ro­thwell. GB, CA 2015, be­schnit­ten

Von An­fang an war den Ak­ti­vis­ten klar, wie wich­tig Bil­der für den Er­folg der Be­we­gung sein wür­den. Be­reits die ers­te Ak­ti­on 1971 — da­mals noch un­ter dem Na­men Don’t Make a Wave Com­mit­tee durch­ge­führt — ge­gen den Test von Atom­waf­fen auf der In­sel Am­chit­ka wur­de au­dio­vi­su­ell fest­ge­hal­ten. Ro­bert Hun­ter, ein Mit­be­grün­der der Grup­pe, be­zeich­ne­te die Auf­nah­men tref­fend als Mind­bombs. Sie soll­ten das Be­wusst­sein der Men­schen ra­di­kal ver­än­dern. Und ob­wohl ein zwei­ter Atom­test durch die In­ter­ven­ti­on der zwölf­köp­fi­gen Be­sat­zung des Fisch­kut­ters Green­peace letzt­lich nur ver­zö­gert, aber nicht ver­hin­dert wur­de, über­traf die zi­vil­ge­sell­schaft­li­che Wir­kung ih­res En­ga­ge­ments selbst ihre kühns­ten Er­war­tun­gen.

Wenn Green­peace die­se öf­fent­lich­keits­wirk­sa­men Bil­der nicht selbst pro­du­zier­te, füt­ter­te die Or­ga­ni­sa­ti­on die Mas­sen­me­di­en mit durch­dacht in­sze­nier­ten, pro­vo­ka­ti­ven Ak­tio­nen, die sich per­fekt zu sen­de­taug­li­chem Ma­te­ri­al ver­ar­bei­ten lie­ßen. Sie sta­bi­li­sier­te auf die­se Wei­se eine Sym­bio­se zwi­schen Ak­ti­vis­mus und Jour­na­lis­mus, die in der Zeit vor dem In­ter­net für Pro­test­be­we­gun­gen le­bens­wich­tig war. Die­se mitt­ler­wei­le durch­pro­fes­sio­na­li­sier­te Kom­mu­ni­ka­ti­on hat Green­peace ne­ben dem Er­folg – der­zeit ver­zeich­net die Or­ga­ni­sa­ti­on rund 3 Mil­lio­nen Mit­glie­der – aber auch Kri­tik ein­ge­bracht. In ei­nem In­ter­view aus dem Jahr 2000 er­klär­te der Mit­be­grün­der Pa­trick Moo­re: „Green­peace hat sich von Lo­gik und Wis­sen­schaft ver­ab­schie­det. Die Kam­pa­gnen­pro­fis ar­bei­ten mit emo­tio­na­len Bil­dern.”

Vi­deo: Green­peace, Quel­le

Auch im So­ci­al Web zün­den die Ak­ti­vis­ten heu­te ihre Mind­bombs. Die De­to­na­tio­nen er­rei­chen auf ver­schie­de­nen Platt­for­men re­gel­mä­ßig meh­re­re Mil­lio­nen Nut­zer. Dass hier­bei die jahr­zehn­te­lan­gen Er­fah­run­gen mit Bil­dern ein we­sent­li­ches Er­folgs­mo­ment der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie sind, wird schon beim ers­ten Blick auf die Time­li­nes klar. Und auch an den Re­ak­tio­nen lässt sich der Im­pact deut­lich ab­le­sen: In­sta­gram-Fo­tos und be­bil­der­te Face­book-Posts er­rei­chen kon­stant hohe In­ter­ak­ti­ons­ra­ten — das ist an­ge­sichts des Kamp­fes um die Auf­merk­sam­keit der Nut­zer kei­nes­falls selbst­ver­ständ­lich.

Posts: Green­peace, Quel­le Post 1, Post 2, Post 3

Mach­ba­rer Auf­wand, vie­le In­for­ma­tio­nen, rie­si­ger Er­folg

Er­folg­reich um die Auf­merk­sam­keit der Nut­zer hat auch Immobilienscout24 ge­kämpft. Eine An­fang 2016 zu­erst auf Face­book ver­öf­fent­lich­te Über­sicht zur durch­schnitt­li­chen Kalt­mie­te in Ber­lin er­reich­te me­di­en­über­grei­fend ins­ge­samt rund 79,5 Mio. Views. Das da­für ein­ge­setz­te Mar­ke­ting-Bud­get: 0 EUR.

Ta­bel­le: Se­nats­ver­wal­tung für Stadt­ent­wick­lung und Um­welt, Ber­li­ner Miet­spie­gel 2015, Quel­le

Das klingt un­glaub­lich? Stimmt! Ge­nau ge­nom­men ist es so­gar ganz und gar un­vor­stell­bar, dass eine Ta­bel­le wie die­se über­haupt je­man­den er­reicht, der sich nicht ge­ra­de aus be­ruf­li­chen Grün­den ge­zwun­gen sieht, die dar­in ent­hal­te­nen In­for­ma­tio­nen zu ent­schlüs­seln. Hat sie auch nicht. Denn der Bei­trag von Immobilienscout24 sah völ­lig an­ders aus:

Foto: laleyla5, Quel­le, Li­zenz: CC0 Pu­blic Do­main
Gra­fik: ImmobilienScout24, Quel­le, Face­book-Post

Das ist die Miet-Map BER­LIN, eine Vi­sua­li­sie­rung durch­schnitt­li­cher Miet­prei­se (kalt) für eine Zwei-Zim­mer-Woh­nung von 70m² in der Haupt­stadt auf der Grund­la­ge des Stre­cken­net­zes der Ber­li­ner U- und S‑Bahn. Die Idee: Vie­le In­for­ma­tio­nen mög­lichst ein­fach zu­gäng­lich dar­zu­stel­len. Das Re­sul­tat: Ein Best-Prac­tice-Bei­spiel für Öf­fent­lich­keits­ar­beit.

Die Dar­stel­lung zeigt kon­kret, was in Ta­bel­len­form nur abs­trakt und schwer ent­zif­fer­bar be­schrie­ben wer­den kann. Durch ihre An­leh­nung an den Plan von U- und S‑Bahn ist sie zu­dem in­tui­tiv les­bar und bie­tet je­dem Re­zi­pi­en­ten In­for­ma­tio­nen zu sei­ner per­sön­li­chen Wohn­si­tua­ti­on.

Ihre An­schluss­fä­hig­keit si­chert der Miet-Map in ei­nem hoch­emo­tio­na­li­sier­ten Dis­kus­si­ons­kli­ma viel Auf­merk­sam­keit: Wahr­schein­lich alle Ber­li­ner ha­ben von Gen­tri­fi­zie­rung und Miet­preis­brem­se schon ge­hört und ge­le­sen, vie­le von ih­nen sind em­pört oder ver­ängs­tigt. Doch das Pro­blem ra­pi­de stei­gen­der Miet­prei­se wird in der öf­fent­li­chen Dis­kus­si­on nur ganz sel­ten so greif­bar wie im Fall der Miet-Map. Ent­spre­chend schnell äu­ßern die Nut­zer den Wunsch nach eben­so prak­ti­ka­blen Plä­nen für an­de­re deut­sche Städ­te.

Dass die Miet-Map et­was Be­son­de­res ist, er­ken­nen auch die Mas­sen­me­di­en so­fort: Un­mit­tel­bar nach der Ver­öf­fent­li­chung auf Face­book be­rich­tet die Ber­li­ner Zei­tung über die In­for­ma­ti­ons­gra­fik. Die Ber­li­ner Mor­gen­post, der Fo­kus und der Stern schlie­ßen sich an. Ins­ge­samt fol­gen über 200 wei­te­re Me­di­en­be­rich­te.

Wie groß der In­for­ma­ti­ons­be­darf wirk­lich war, den die­se spe­zi­el­le Kar­te de­cken wür­de, hat­te vor der Ver­öf­fent­li­chung auch die da­ma­li­ge Con­tent­ma­na­ge­rin Elai­ne Vie­b­rock nicht ge­ahnt. Trotz­dem war sie da­von über­zeugt, dass die Miet-Map eine loh­nens­wer­te Idee wäre. Nicht zu Un­recht: Für die Sta­ke­hol­der ge­ne­rier­te sie Con­tent mit Mehr­wert, für das Un­ter­neh­men ei­nen Wert von rund 5 Mio. EUR.

Vi­deo: ImmobilienScout24, Quel­le

Die Kat­ze auf dem hei­ßen Blech­dach

Gro­ßen Hun­ger nach Neu­ig­kei­ten ha­ben auch die Fans von Da­nie­la Kat­zen­ber­ger. Sie wol­len wis­sen, wie ihr Idol lebt, was sie isst und wo sie Ur­laub macht. In den Mas­sen­me­di­en gibt es seit Jah­ren Sen­dun­gen über die Kat­ze, zu­letzt durf­ten die Zu­schau­er in der Doku-Soap Da­nie­la Kat­zen­ber­ger — Mit Lu­cas im Hoch­zeits­fie­ber an ih­rer Trau­ung mit Lu­cas Corda­lis teil­neh­men. Zur Sen­dung ver­öf­fent­lich­te Frau Kat­zen­ber­ger so­gar eine Sin­gle mit dem Ti­tel I Wan­na Be Loved By You.

Aber die Kat­ze sorgt sich auch selbst sehr en­ga­giert um ihre Fans, up­dated ihre Com­mu­ni­ty meist mehr­mals täg­lich. Fast im­mer nutzt sie da­bei Fo­tos, mit durch­schla­gen­dem Er­folg: Die In­ter­ak­ti­ons­ra­ten auf den ein­zel­nen Platt­for­men sind enorm, die Reich­wei­te ih­rer Bei­trä­ge nicht sel­ten so­gar noch grö­ßer als die der meis­ten Sen­dun­gen, in de­nen sie auf­tritt. Be­son­ders vie­le Re­ak­tio­nen er­hält Frau Kat­zen­ber­ger im Sep­tem­ber 2015 auf ein Foto, auf dem das Ba­by­bett für ihre neu­ge­bo­re­ne Toch­ter So­phia zu se­hen ist.

Foto: obs/​RTL II/RTL II / An­dre­as Freu­de, Quel­le
Post: Da­nie­la Kat­zen­ber­ger, Quel­le

Ihre 2,5 Mio. Face­book-Fans tei­len den Bei­trag eif­rig, über­schüt­ten sie mit über 36.000 Ge­fällt-mir-An­ga­ben und kom­men­tie­ren fast 1.600 Mal. Of­fen­bar hat die Kat­ze ein­mal mehr ein glück­li­ches Händ­chen im Zu­sam­men­hang mit ih­rer vi­su­el­len Selbst­dar­stel­lung. Doch die Re­ak­tio­nen sind ge­mischt und schnell wird klar: Das In­ter­es­se der Fol­lo­wer gilt längst nicht nur dem schön de­ko­rier­ten weiß-ro­sa­far­be­nen Mäd­chen­traum:

Ge­lobt wer­den auch die Lam­pe, Frau Kat­zen­ber­gers Pull­over oder ihre Haa­re. Aber auch Kri­tik wird ge­äu­ßert: an der Bett­de­cke, dem Nest­chen, dem Ku­schel­tier, der Wand­far­be. Schließ­lich emo­tio­na­li­siert das Bild die Kom­men­ta­to­ren so sehr, dass sie die Kral­len aus­fah­ren. Wäh­rend die ei­nen dem Vor­wurf der Ver­ant­wor­tungs­lo­sig­keit aus­ge­setzt sind, wer­den die an­de­ren als Über­mut­tis be­schimpft. Der Kon­flikt ver­schärft sich, schließ­lich ent­brennt un­ter den Kom­men­ta­to­ren so­gar ein Fla­me-War.

Da­nie­la Kat­zen­ber­ger pos­tet ein ro­sa­far­be­nes Him­mel­bett und plötz­lich geht es um Le­ben und Tod. Und das al­les nur we­gen ei­nes Bil­des? Wie­so das gar nicht un­ge­wöhn­lich ist, er­klärt das In­sight.

Foto: Fee­Loo­na, Quel­le, Li­zenz: CC0 Pu­blic Do­main

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