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Schönwetter oder Shit- storm?
SHIIT (Shitstorm-Indikations-und-Informations-Tool) hilft bei der Beurteilung von Konflikten in Social Media.
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niveau.
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Als Shitstorm lässt sich eine über Social Media verbreitete Auseinandersetzung zwischen einer wachsenden Interessensgruppe und einem einzelnen Akteur (oder mehreren Akteuren) bezeichnen, welcher zur Zielscheibe von unsachlicher, scharfer Kritik wird.
Üblicherweise beginnt der Konflikt mit der Benennung eines als Missstand wahrgenommenen Sachverhalts, findet dann starken Zulauf und eskaliert auf die persönliche Ebene. Dabei wird ein Prozess in Gang gesetzt, der eine mitunter enorme Sogwirkung erzeugt: Es empören sich zunehmend mehr Personen – und zwar auch dann, wenn sie gar nicht zur Gruppe der direkt Betroffenen gehören. Inhaltlich wird die Zahl der im Streit als Vorwurf formulierten Themen immer größer, sodass eine streitfreie Kommunikation, wenn überhaupt, nur noch schwer möglich ist. Zugleich dehnt sich die Kontroverse auf weitere Kommunikationskanäle und ‑plattformen aus und wird in diesem Zusammenhang dann auch fast immer ein Teil der massenmedialen Agenda.
Mit dieser spezifischen Merkmalskombination unterscheiden sich Shitstorms einerseits von Flamewars, bei denen es zwar auch zu einer bisweilen scharfen Eskalation kommen kann, jedoch – sofern überhaupt klare Parteien voneinander abgrenzbar sind – jede Seite viele Konfliktteilnehmer umfasst. Andererseits lässt sich der Shitstorm vom Protest unterscheiden, weil es in ihm nicht mehr um sachliche Forderungen geht, die Kritik sich also nicht mehr vorrangig mit der Hoffnung auf die Lösung von Problemen verbindet.
Zum Ziel eines Shitstorms kann im Prinzip jeder werden, überwiegend gehören jedoch Prominente und Organisationen (z. B. Unternehmen, Institutionen) zu den Betroffenen. Hinsichtlich möglicher Auslöser bestehen – dies zeigt die Verschiedenartigkeit der untersuchten Beispiele – keinerlei Einschränkungen.
Im Vergleich zu anderen Medien ist das Internet durch explizite Konfliktnähe gekennzeichnet. Für die Beteiligung an Auseinandersetzungen ist die Hemmschwelle niedrig und die Motivation hoch. Der einfache Zugang, die demokratische Grundstruktur und der geringe Aufwand für Kommunikation machen es leicht, im Streit Position zu beziehen. Viele Mechanismen zur Vermeidung oder Beilegung von Konflikten in Face-to-Face-Kommunikation sind in Social Media außer Kraft gesetzt. Hinzu kommt die Möglichkeit, durch die zügige und weitreichende Verbreitung von Informationen in den verdichteten Netzwerken schnell potentielle Mitstreiter zu gewinnen. Das macht es auch wahrscheinlicher, dass entstandene Konflikte stärker und schneller eskalieren. Ist ein gewisses Konfliktniveau erreicht, spricht man von einem Shitstorm.
Obwohl das Phänomen vielfach auftritt, macht es wenig Sinn, alle Konflikte pauschal als Shitstorms zu bezeichnen. Dies geschieht derzeit allerdings recht häufig – in den Massenmedien sicher nicht zuletzt mit dem Ziel, zusätzliche Aufmerksamkeit für bestimmte Beiträge zu generieren, in den Sozialwissenschaften vor allem deshalb, weil bisher klare Kriterien fehlten. Der inflationäre Gebrauch des Begriffs minimiert jedoch seinen Nutzen, weil er sich dadurch nicht mehr zur Abgrenzung des Shitstorms von anderen Konflikten und zur Generierung von aussagekräftigen Informationen eignet.
Dieses Problem adressiert SHIIT, indem es Nutzern die Möglichkeit bietet, Konflikte auf bestimmte Merkmale zu untersuchen, deren Ausprägung Rückschlüsse auf das erreichte Eskalationsniveau erlauben. Das zugrundeliegende Verständnis von Shitstorms ist dabei aus einer Kombination von empirischer und theoretischer Forschung hervorgegangen: Eine aus den Befunden von Medienwissenschaft, Konfliktforschung und Netzwerktheorie entwickelte Perspektive wurde an 17 ausgewählten Shitstorm-Beispielen auf ihren Nutzen überprüft.
von Stephan Frühwirt an der Technischen Universität Berlin im Fachgebiet
Medienwissenschaft entstanden.
Projektmitglieder:
Denise Balaz, Bianca Beirer, Laura Biermann, Annessia Cassandra, Michael Dressel, Tanja Hartung, Martin Hohnauer, Sabrina Kock, Simon Noack, Katharina Papamichael, Giulia Ricci, Kassandra Herrera Rodruigez, Elena Roessink, Anastassiya Sadovnikova, Marie Thümler, Caroline Wacker, Nicolas Zimmermann
Gestaltung:
Simon Noack
Programmierung:
Florian Dietrich