Shit­s­torms ver­ste­hen: Kri­tik zu­las­sen2019-02-12T12:21:58+02:00

MO­DUL 3: Shit­s­torms ver­ste­hen

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Kri­tik zu­las­sen und nicht
per­sön­lich neh­men

von Anna-Lisa Menck und Ste­phan Früh­wirt

Schon Kom­men­ta­re wäh­rend des Shit­s­torms spra­chen vom Epic Fail des Nah­rungs­mit­tel­rie­sen, der als Lehr­stück in die Ge­schich­te der So­ci­al Me­dia-Kun­den­kom­mu­ni­ka­ti­on ein­ge­hen wer­de. Denn Nest­lé hat gleich meh­re­re Feh­ler grund­sätz­li­cher Art ge­macht.

Öl ins Feu­er: Ent­täu­schung grund­le­gen­der Er­war­tun­gen

Das un­lieb­sa­me Kit­kat-Vi­deo auf You­Tube zu sper­ren, hat die­ses erst vi­ral ge­hen las­sen. Grund für die­ses Pa­ra­dox: Zen­sur ist im Web nicht nur we­nig er­folg-
ver­spre­chend, son­dern gilt als eine Ver­let­zung grund­le­gen­der Wer­te und Nor­men, die mit ho­her Wahr­schein­lich­keit ge­ra­de die Auf­merk­sam­keit auf sich zieht, die man da­mit ver­hin­dern woll­te.

Das Glei­che gilt auch für die ers­te Re­ak­ti­on auf die be­droh­li­chen Em­pö­rungs­bö­en: Nest­lé wink­te schnell mit ei­ner – be­fleck­ten – wei­ßen Fah­ne. Of­fen­bar hoff­ten die Ver­ant­wort­li­chen, den Ver­brau­chern wür­de die Kün­di­gung der di­rek­ten Ver­trä­ge mit der be­son­ders um­strit­te­nen Fir­ma aus­rei­chen und sie wür­den nicht hin­ter­fra­gen, wo­her die Zwi­schen­händ­ler ihr Palm­öl be­zie­hen. Die Nut­zer er­war­ten aber nicht nur eine zeit­na­he Re­ak­ti­on auf Kri­tik und Vor­wür­fe, son­dern auch Auf­rich­tig­keit.

Das Pro­blem an die­ser Re­ak­ti­on be­stand dar­in, dass durch die Ent­täu­schung ge­ne­rel­ler Er­war­tun­gen in Be­zug auf die Kom­mu­ni­ka­ti­on in So­ci­al Me­dia plötz­lich Nut­zer zur Be­tei­li­gung am Kon­flikt mo­ti­viert wur­den, die sich zu­nächst ein­mal gar nicht en­ga­giert hat­ten. Wäh­rend die Palm­öl­fra­ge für sie kei­nen Grund zur Em­pö­rung dar­ge­stellt hat­te, galt dies hin­ge­gen für die Zen­sur und die Un­auf­rich­tig­keit der Ver­ant­wort­li­chen bei Nest­lé sehr wohl.

Bis zur Weiß­glut: Über­gang auf die per­sön­li­che Ebe­ne

Den durch die Sper­rung lich­ter­loh ent­flamm­ten Shit­s­torm heiz­ten die Face­book-Ad­mi­nis­tra­to­ren von Nest­lé selbst wei­ter an, in­dem sie sich auf eine Aus­ein­an­der­set­zung auf per­sön­li­cher Ebe­ne ein­lie­ßen. Of­fen­bar fühl­ten sich die Mit­ar­bei­ter durch die Kri­tik per­sön­lich an­ge­grif­fen und for­der­ten von den Nut­zern Un­ter­ord­nung ein, in­dem sie die­se harsch zu­recht­wie­sen und mit Lö­schun­gen droh­ten. Da­mit woll­ten sie of­fen­bar die Kon­trol­le zu­rück­ge­win­nen. Aber das we­nig freund­li­che An­ge­bot ei­nes Hier­ar­chie­ver­hält­nis­ses zwi­schen dem Un­ter­neh­men und sei­nen Kun­den fand in den so­zia­len Netz­wer­ken kei­ne Freun­de.

Kri­tik bes­ser gleich zu­las­sen und sie nicht per­sön­lich neh­men

Und die Mo­ral von der Ge­schicht’? Zen­sur­ver­su­che, Un­ehr­lich­keit, Kri­tik ver­bie­ten oder barsch zu­rück­wei­sen, hilft Un­ter­neh­men im Shit­s­torm nicht. Rat­sa­mer ist es, Kri­tik zu­zu­las­sen, sie aber nicht per­sön­lich zu neh­men und zu­rück­zu­schimp­fen, son­dern stets bei der Sach­fra­ge zu blei­ben. Eine sol­che Hal­tung ist zwar kei­ne Wun­der­waf­fe. Zu­min­dest aber gibt sie Shit­s­torm-Be­trof­fe­nen ei­nen Schirm in die Hand, den man ih­nen nicht gleich wie­der um die Oh­ren hau­en kann.

Wei­ter zur Deep Lec­tu­re