MODUL 1: Kommunikation online
1. Case → 2. Insight → 3. Case → 4. Insight → 5. Deep Lecture
Das Publikum spricht
von Simon Noack und Stephan Frühwirt
Die simple Idee von iTunes: Alle Kunden bekommen ein Album von U2 geschenkt. Und weil jeder Geschenke mag und U2 eine beliebte Band ist, kann die Aktion nur zum Imagegewinn führen – so zumindest der Gedanke. Nicht bedacht wurde allerdings, dass jedem Kunden in seiner Mediathek nur ein begrenzter Speicher-
platz zur Verfügung steht und nicht jeder U2 mag. So wurde das, was wenige eingefleischte Fans als Geschenk feierten, vom Großteil aller iTunes-Nutzer als Bevormundung oder gar als Diebstahl wertvoller Megabytes aufgefasst. In tausendfacher Formulierung ließ deren Kritik nicht lange auf sich warten. Und von sarkastischen Frotzeleien bis hin zu bösartigen Beleidigungen war in diesem Fall alles dabei.
Sichtbar wurde diese Reaktion erst durch Social Media. Ohne die Möglichkeiten der Online-Kommunikation wäre der Großteil aller verärgerten Stimmen im Privatbereich – oder höchstens in der Kundenhotline – verpufft. Denn die klassischen Massenmedien lassen die Veröffentlichung nur sehr weniger Meinungen zu, sodass bislang über die tatsächliche Stimmungslage im Publikum trotz eventueller Stichproben aus der Marktforschung letztlich immer nur spekuliert werden konnte. Social Media dagegen ermöglichen uneingeschränktes Feedback, indem sie die hohen Publikationskosten der Massenmedien extrem reduzieren: Schon mit einem Klick auf den „Gefällt mir“-Button unter einem Kommentar kann sich jeder zu einem Beitrag äußern. Und was so leicht von der Hand geht, wird dann im Fall einer solchen Empörung auch vielfach getan.
In der Konsequenz wird für Unternehmen erstmals die volle Komplexität jeder Kommunikationssituation zugänglich. Wer wie auf was reagiert, lässt sich nun ganz leicht in sozialen Netzwerken, Blogs und Foren ablesen. Und das, was dadurch zutage gefördert wird, entspricht häufig genug nicht den Erwartungen der entsprechenden PR- und Marketingabteilungen. Dafür ist der iTunes-Fall ein anschauliches Beispiel: Was als Geschenk gemeint war, wurde als Unverschämtheit aufgefasst. Ups.